Prof. Dr. Michael Eckhart Institut für Heilpädagogik, Pädagogische Hochschule Bern

Die Schule braucht engagierte Frauen und Männer in der Heilpädagogik

Ausbildungen im Bereich der Schulischen Heilpädagogik werden gegenwärtig vorwiegend von Frauen in Angriff genommen. Dies widerspiegelt einen europäischen Trend: Die Feminisierung des Bildungswesens. In diesem Zusammenhang sind in den vergangenen Jahren verschiedene Kampagnen und Projekte entstanden. Sie haben unter anderem zum Ziel, den Männermangel an der Primar­schule und auch im vorschulischen Bereich zu beheben. Auch in der Schweiz wurden solche Kampagnen lanciert. Der eigens dafür gegründete Verein «Männer an die Primarschule» (MaP) setzt sich für das Anliegen gleich mit mehreren Teilprojekten ein. Die Forschung hat die Thematik ebenfalls erkannt und kann verschiedene Erkenntnisse präsentieren.

Wenig in den Fokus der Aufmerksamkeit ist die Heilpädagogik getreten, obwohl auch hier das Geschlechterverhältnis unausgeglichen ist. In der Praxis und in der Ausbildung liegt der Männeranteil durchschnittlich bei 10 %. Dieser Untervertretung steht eine Übervertretung von Jungen bei den Kindern und Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf gegenüber. Gemäss den Daten des Bundesamtes für Statistik sind rund zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen mit besonderem Lehrplan männlichen Geschlechts. Diese Übervertretung verschärft sich zusätzlich bei Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten.

Es erscheint daher notwendig, heil- und sonderpädagogische Berufe für Männer attraktiv zu machen, den Anteil von Männern in diesem Bereich zu erhöhen und damit deren Untervertretung abzufedern.
Das Gleichstellungsprojekt «Männer in die Schulische Heilpädagogik» kann dazu einen Beitrag leisten. Im Rahmen des Projektes werden Männer porträtiert, die in der Schulischen Heilpädagogik tätig sind. Dabei zeigt sich, dass sich das Berufsfeld in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf wird lokal unterschiedlich organisiert, und die Ansätze und Methoden sind entsprechend vielfältig. Darin finden sich sowohl für Frauen als auch für Männer attraktive Aufgaben und Rollen. Die Palette an Karrieremöglichkeiten ist breit: zum Beispiel Lernexperte, Berater und Begleiter, Unterstützer, Lerncoach und Teamplayer, Changemanager, Schulleiter oder Dozent und Forscher. Das Projekt kann damit bereits bestehende Initiativen zur Erhöhung des Männeranteils im Bildungssystem ergänzen.

Verfolgt wird damit das übergreifende Ziel, dass sich vermehrt auch Männer mit sonder-, heilpädagogischen und therapeutischen Berufen identifizieren können. Gleichzeitig muss davon ausgegangen werden, dass die Gründe für die Untervertretung von Männern vielseitig und komplex sind. Sie bedingen den Einbezug verschiedenster Faktoren wie etwa des ökonomischen Kontexts, der «Vergeschlechtlichung» von Berufen und des dadurch geprägten Berufswahlverhaltens von jungen Menschen sowie des «doing gender» bei der Einarbeitung des angestrebten Berufs in den eigenen Lebensentwurf.

Umso wichtiger erscheint es, dass eine breite Sensibilisierung stattfindet. Denn die Heterogenität in unseren Schulen verlangt Diversität auch bei den Lehrpersonen. Entsprechend braucht es engagierte Heilpädagoginnen und Heilpädagogen.

Beatrice Kronenberg, Dr. phil.,Direktorin Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik SZH

Barbara Fäh, Prof. Dr. phil., Rektorin Interkantonale Hochschule für Heil­pädagogik Zürich HfH

Lise Gremion, Prof. Dr. phil., Respon­sable de la Filière de pédagogie spécialisée Haute école pédagogique Vaud, HEP Vaud

José Rodriguez Diaz, responsable de la Formation en enseignement spécialisé, Haute Ecole Pédagogique – BEJUNE

Jürg Rothenbühler, Prof., Rektor Schweizer Hochschule für Logopädie Rorschach SHLR

Urs Strasser, Prof. Dr. phil., Altrektor Interkantonale Hochschule für Heil­pädagogik Zürich HfH

Gabriel Sturny, Prof. Dr. phil., Leiter Studiengang Schulische Heilpädagogik, Pädagogische Hochschule Luzern PH Luzern

Jan Weisser; Prof. Dr. phil., Leiter Institut Spezielle Pädagogik und Psychologie, Pädagogische Hochschule FHNW

Michael Eckhart, Prof. Dr. phil., Leiter Institut für Heilpädagogik PHBern